Nichts tun – das gilt in unserer Zeit und Kultur als Makel. Wer nichts tut, muss das erklären, sonst gilt er als Faulpelz. Für Nichtstun muss es einen guten Grund geben.
Beim Elfmeterschießen hinterlässt das scheinbare Nichtstun – also einfach in der Mitte des Tores stehen zu bleiben – immer eine negative Wirkung. Wirft sich der Torwart dagegen spektakulär in eine Ecke , sieht es nach einer beeindruckenden Aktion aus. Selbst wenn es die falsche Ecke war. Bleibt der Torwart hingegen stehen und der Ball geht ins Netz, macht er keine besonders gute Figur. Dabei wurden auch schon entscheidende Elfmeter gehalten, bei denen der Torwart einfach in der Mitte stehen geblieben ist.
Mehr Erfolg durch nichts tun?
Auch im Marketing steht „Nichtstun“ nicht besonders hoch im Kurs. Von nichts kommt nichts. Die Kunden müssen aufmerksam gemacht werden, ein Produkt muss möglich gut an möglichst vielen Touchpoints mit potentiellen Kunden optimal dargestellt werden usw.
Dabei kann „nichts tun“ oder zumindest „weniger tun“ durchaus eine schlagkräftige Wirkung im Marketing entfalten. Nämlich dann, wenn das Richtige getan wird und das Richtige sein gelassen wird. Das trifft vor allem dann zu, wenn es um die Profilierung von Marken geht.
Wenn ich mit Kunden an deren Markenprofil arbeite, ist eine der größten Herausforderungen das „Weglassen“. Das Herausschälen des Eigentlichen. Die Konzentration auf das Wesentliche. Das ist oft ziemlich harte Arbeit. Denn die meisten Marken könnten so viel über sich erzählen, Produkte gibt es in zahlreichen Variationen und auf viele Features könnte man noch hinweisen.
Diese Vielfalt sorgt dann meist für einen bunten Blumenstrauß an Merkmalen und Eigenschaften, die eine Marke am Ende nur schwer fassbar machen. Deswegen ist es Kernaufgabe der Markenentwicklung die Marke auf ihre wesentlichen(!) Merkmale zu reduzieren und diese trennscharf gegenüber dem Wettbewerb abzugrenzen.
Aua, das tut weh!
Dieser Prozess ist meist schmerzhaft. Denn es bedeutet, dass in der Kommunikation nicht alles in aller Vollständigkeit bis ins letzte Detail vorkommen kann. Eine Marke zu profilieren, heißt zunächst einmal Aspekte wegzulassen. Sich auf das Wesentliche zu fokussieren und dadurch den Markenkern, das innerste Wesen einer Marke herauszuarbeiten.
Ist der Markenkern erstmal klar, darf es auch wieder in die Breite gehen: Es müssen Maßnahmen entwickelt und Kanäle identifiziert werden, über die die Marke kommuniziert wird. Dabei kann es durchaus unterschiedliche Botschaften geben. Und dennoch: Der Markenkern muss der Gleiche bleiben.
Die Marke lebt von dem, was nicht gesagt wird
Wer den Kern bzw. die Kernbotschaft seiner Marke heraus gearbeitet hat, darf sich gerne einen Moment zurücklehnen und einfach mal nichts tun. Jedenfalls nichts, was den Kern der Marke wieder verwässert. Und jedes Mal, wenn Sie überlegen, ob Sie in der Markenkommunikation etwas Neues machen, prüfen Sie sorgfältig, ob die Entscheidung den Markenkern im Ergebnis stärkt oder schwächt. Jedes neues Attribut, jeden Maßnahme, jedes Feature sollte einmal auf diesen Prüfstand.
Genauso wie beim Torwart, der in der Mitte stehen bleibt, fühlt sich die Entscheidung des „Nichtstun“ vielleicht komisch an. Sie ist zumindest ungewohnt. Und dennoch bietet sie eine hohe Chance auf Erfolg. Vor allem dann, wenn sie davor bewahrt, dass aus reinem Aktionismus das klare Profil einer Marke verwässert wird.
Wenn Sie Ihre Marke profilieren wollen, können Ihnen diese drei Tipps dabei helfen:
- Lassen Sie alles weg, was nicht zum Kern Ihrer Marke gehört.
- Widerstehen Sie der Versuchung Ihre Markenkommunikation durch zusätzliche Eigenschaften oder Features zu überladen.
- Machen Sie sich bewusst, dass gerade auch das „Nichtstun“ bzw. das „Weglassen“ ein wichtiger Baustein für die Profilierung einer starken Marke ist!
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