Markendehnung oder Zerreißprobe – Wieviele Produkte verträgt Ihre Marke?

Wieviele Produkte verträgt Ihre Marke? (shutterstock.com)

Marken stehen für ein bestimmtes Produkt oder eine Produktkategorie. Aber nicht immer bleibt es im unternehmerischen Alltag beim bestehenden Portfolio. Das Angebot erweitert sich, neue Produkte kommen hinzu und neue Zielgruppen werden erschlossen. Auf diese Weise entwickeln sich organisch gewachsene Strukturen, die nie strategisch geplant oder reflektiert wurden. Für den Unternehmer selbst sind diese Strukturen meist noch nachvollziehbar, da sie sich über einen längeren Zeitraum entwickelt haben. Von außen betrachtet, wirkt das Unternehmen hingegen schnell profillos und wenig attraktiv. In diesem Fall müssen Strukturen aufgearbeitet, die Markenarchitektur geordnet und Marken neu positioniert werden.

Wie weit lässt sich eine Marke dehnen?

Was also tun, wenn neue Produkte das Portfolio ergänzen sollen? Muss dann sofort eine zweite Marke eingeführt werden? Nein, nicht in jedem Fall. Die Entscheidung hängt davon ab, ob die neuen Produkte noch unter die bestehende Marke passen oder ihren Rahmen sprengen. Wird das bestehende Markenportfolio um neue Produkte ergänzt, spricht man von einer Markendehnung.

Ein anschauliches Beispiel dafür ist die Marke Nivea, die unter einer Marke im Lauf der Zeit viele verschiedene Kategorien eingeführt hat (For Men, Sun, Hair Care etc.). Man kann also mit einer einzigen Marke durchaus eine ganze Menge an Produkten abdecken.

Wie der Begriff Markendehnung vermuten lässt, kann man es mit der Dehnung auch übertreiben. Werden zu viele Produkte unter eine Marke gefasst, besteht die Gefahr der Verwässerung. Die Marke ist dann so breit aufgestellt, dass sie kein eindeutiges Profil mehr erkennen lässt. Für die Marke heißt das, das einzigartige Profil ist plötzlich nicht mehr einzigartig. In der Folge werden zwar vielleicht neue Kunden durch neue Produkte hinzugewonnen, aber auch bestehende Kunden verloren. Denn diese können sich nicht mehr mit der Marke identifizieren, die sie kennen und lieben. Nivea hat daher sein Sortiment vor einiger Zeit radikal zusammengekürzt und besinnt sich wieder stärker auf seinen Markenkern, die Hautpflege.

Für jedes Produkt eine neue Marke?

Die Alternative zur Markendehnung ist die Einführung einer separaten Marke. Dabei kann die bestehende Marke unverändert und vor allem ihrem Markenkern treu bleiben. Der Vorteil ist, dass die neue Marke nun unabhängig positioniert werden kann.  Dadurch können z.B. neue Zielgruppen erschlossen werden, die die bisherige Marke nicht erreicht hat. Bei aller Freiheit sollte immer beachtet werden, dass sich die Marken nicht gegenseitig kannibalisieren. Ein klar abgegrenztes Profil ist nicht nur gegenüber dem Wettbewerb wichtig, sondern genauso in Hinblick auf das eigene Markenportfolio.

Die Entscheidung für eine neue Marke sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn jede Marke will aufgebaut und gepflegt werden. Je mehr Marken, desto höher Aufwand und Kosten. Neben inhaltlichen Fragen der Positionierung sollte daher immer auch betriebswirtschaftlich abgewägt werden, ob der Aufwand für eine zusätzliche Marke verhältnismäßig ist. Ausschlaggebend ist nicht die Größe des Unternehmens, sondern die Frage, ob die Portfolioerweiterung zum Markenkern des Unternehmens passt. Wer seinen Markenkern z.B. als „individuelle Beratung beim Kauf von hochpreisigen Herrenarmbanduhren“ definiert, sollte die Finger von billigen Plastik-Radioweckern mit Comicmotiven lassen. Vielleicht ist die Nachfrage nach derartigen Weckern in der breiten Masse gerade sehr hoch. Für die bestehende Kundschaft hingegen wäre eine solche Produkterweiterung eher abschreckend. Denn wer viel Geld für eine Armbanduhr ausgibt, erwartet dafür auch eine gewisse Exklusivität und eben kein Massenprodukt.

Fazit

Die Entscheidung für oder gegen eine neue Marke ist alles andere als trivial und muss immer im Einzelfall untersucht und entschieden werden. Die Markendehnung kann eine Alternative zur zweiten, separaten Marke sein. Dabei sollte genau geprüft werden, inwieweit die geplante Erweiterung zur bestehenden Marke und zum Markenkern passt. Wenn Sie also darüber nachdenken, Ihr Produktportfolio zu erweitern, sollten Sie dabei drei Aspekte sorgfältig abwägen:

  1. Kann das bestehende Produktportfolio erweitert werden, ohne dass es an Profil verliert und seinem Markenkern treu bleibt?
  2. Sind ausreichend Ressourcen vorhanden, um eine neue Marke einzuführen und zu pflegen?
  3. Steht der Aufwand für die Einführung einer neuen Marke im Verhältnis zum erwarteten Gewinn?

Es gibt viele Möglichkeiten, Produkte, Produktkategorien und Marken zu gestalten. Für jede Situation kann eine entsprechende Lösung entwickelt werden. Wie auch immer Sie sich entscheiden: Tun Sie es bewusst!

 

Foto: JIL Photo/shutterstock.com

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