Vor einigen Tagen hatte ich ein interessantes Gespräch zum Thema Image-Wechsel: eine professionelle Tänzerin und Choreographin möchte sich beruflich neu positionieren: als Finanzberaterin. Ein ziemlich krasser Themenwechsel, der nicht unbedingt auf der Hand liegt. Im Gespräch wurde deutlich, dass sich der Wandel schwierig gestaltet. Immer wieder wird sie auf ihre Rolle als Tänzerin, Tanzlehrerin und Choreographin angesprochen. Nur wenige Menschen nehmen sie in ihrer neuen Rolle wahr. Die Frage, die daraus resultierte, war: Wie kann der Image-Wechsel der Person so gestaltet werden, dass in Zukunft die Positionierung eindeutig auf der Finanzberaterin liegt und nicht auf der Tänzerin?
Eine grundlegende berufliche Neuausrichtung ist auf vielen Ebenen eine Herausforderung. Denn es werden nicht nur Äußerlichkeiten verändert (z.B. ein neuer Name, ein neues Erscheinungsbild). Es geht um eine radikale Veränderung der beruflichen Tätigkeit, also des Leistungsangebots. Dementsprechend verändert sich alles: das Produkt selbst, die Zielgruppen, die Art der Kommunikation usw. Hier wird deutlich, dass die Marke, die bisher für „Künstlerin/Tänzerin“ stand nicht die gleiche sein kann, wie die einer Finanzberaterin.
Marke = Person
Eine Konstante, die sich trotz alledem nicht verändert, ist die Person selbst. Für Einzelunternehmer ist daher ein solcher Image-Wechsel eine besondere Herausforderung: Die unternehmerische Marke hängt direkt mit dem Menschen zusammen. Sie ist also eine persönliche, eine individuelle Angelegenheit. Für das bestehende Umfeld ist es daher schwer das Gelernte über die Person plötzlich völlig neu zu definieren. Dort ist die Person immer noch als Künstlerin abgespeichert. Das Schubladendenken lässt grüßen. Bei neuen Kontakten ist es einfacher, denn sie haben noch kein Bild der Person, das umgelernt werden müsste. Sie sind unvoreingenommen und auf den Ersteindruck kann man noch aktiv Einfluss nehmen.
Wie präsentiere ich mich also, wenn jemand fragt „Und, was machst du so beruflich?“ Wie kann ich die Chance beim berühmten Elevator-Pitch nutzen, damit am Ende der Eindruck entsteht, den ich über meine Marke hinterlassen möchte? Kann ich darauf überhaupt bewusst Einfluss nehmen?
Ja, einen Image-Wechsel zu transportieren ist möglich. Es erfordert aber eine hohe Disziplin und ein paar klare Regeln für die eigene Kommunikation.
„Guck nicht auf den Baum!“
Ob beim Skilaufen oder Kajakfahren: „Schau dort hin, wo du hinfahren willst!“ ist einer der wohl wichtigsten Lehrsätze für einen unfallfreien Anfang. Gleiches gilt für die Kommunikation. Die Zielfrage sollte immer sein: Wo möchte ich hin? Welches Bild von meiner Marke möchte ich in den Köpfen der Menschen verankern? Bitte dabei nicht in Details verlieren. In der Realität mag es eine Übergangsphase geben: das alte Unternehmen läuft noch, während das neue schon beginnt. Eine Zeit lang bewegt man sich zwischen den Welten und muss diesen Spagat bewältigen. Umso wichtiger ist es, das Ziel dabei nicht aus den Augen zu verlieren. Das ist in diesem Fall die Positionierung als „Expertin für Finanzfragen“. Dementsprechend muss das auch der rote Faden der Kommunikation sein. Angefangen bei der Visitenkarte bis zur Vorstellung bei der Netzwerkrunde.
„Sprich nicht über die Vergangenheit!“
Wenn ich das Image als Tänzerin loswerden möchte, gibt es eine einfache Möglichkeit das zu erreichen: nicht mehr davon zu erzählen. Klar ist das Theater- und Bühnenleben spannend. Im Zweifelsfall sogar spannender als über Finanzberatung zu reden. Es hat ja auch einen großen Teil des bisherigen Lebens in Anspruch genommen. Aber ist das für die aktuelle Positionierung wichtig? Nein? Dann einfach mal weglassen. Natürlich muss die Vergangenheit nicht verheimlicht werden. Vielleicht kommt in einem vertiefenden Gespräch das Thema auf die berufliche Vergangenheit. Da kann es seinen Platz haben. Wenn es aber die Möglichkeit gibt, sich selbst und seine Marke zu präsentieren, sollte dies immer so fokussiert wie möglich genutzt werden. Sprich, alles weglassen, was nicht von zentraler Bedeutung für die Marke ist.
„Sei nicht ungeduldig!“
Wie lange dauert denn so ein Image-Wechsel? Lange. Der Aufbau einer Marke ist immer ein langfristig angelegtes Vorhaben. Die Erwartung ist häufig, dass dieser Prozess nach einigen Monaten abgeschlossen ist. Die Realität sieht meist anders aus. Es dauert seine Zeit, bis eine neue Marke gelernt ist. Der Image-Wechsel ist also nicht mit der neuen Website abgeschlossen, sondern er braucht Zeit. Insbesondere wenn man nicht über unbegrenzte Budgets verfügt, die es ermöglichen die eigene Marke in einer groß angelegten Kampagne der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Langwierig wird es v.a. im Umgang mit Menschen, die die Person über Jahre hinweg mit einer bestimmten Marke (z.B. als Tänzerin) assoziiert haben. Hier kann es immer wieder vorkommen, dass man auf die „alte“ Marke angesprochen wird. Auch wenn es nervt: Geduld haben und freundlich aber bestimmt erklären, dass das nicht mehr aktuell ist und die Gelegenheit nutzen sich ins Gespräch zu bringen.
Fazit zum Image-Wechsel
Sich als Einzelunternehmer neu zu positionieren ist eine besondere Herausforderung, da Marke und Person sehr eng miteinander verzahnt sind. Steht ein Image-Wechsel an, sollte daher nicht die Vergangenheit im Fokus stehen, sondern das Bild der neu aufzubauenden Marke. Inhalt der Kommunikation ist daher nicht die alte Marke, sondern immer die zukünftige Positionierung. Nicht zuletzt braucht ein Image-Wechsel Zeit und Geduld, denn Menschen sind Gewohnheitstiere. Aber dieser Aufwand lohnt sich. Denn wer sich konsequent selbst vermarktet und darauf achtet wie er sein eigenes Markenprofil nach außen darstellt, wird auch einen Image-Wechsel erfolgreich meistern.
Foto: Dr. Stephan Barth / pixelio.de
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Guter Beitrag.
Ein Erweiterungsvorschlag: dem Teil, der die Vergangenheit ja gut gestaltet hat, auch noch Raum zu geben. Eine Marktpositionierung kann ja auch sein, eine Nische zu besetzen. Beispiel: Die Tänzerin und Choreographin kann sich doch auf die finanzielle Beratung von Künstlern spezialisieren. Sie hat wunderbare Ressourcen, die ein „Nur-Finanzberater“ nicht hat. Damit ist sie autentisch und kann Altes und Neues wertvoll kombinieren und gewinnt auch noch die unique-selling-proposition.
Danke für die Ergänzung, Silke! Über den Aspekt haben wir tatsächlich auch kurz gesprochen, ich habe ihn allerdings im Beitrag unterschlagen…
Die Kombination beider Bereiche liegt natürlich nahe. Die Frage ist dann, ob man a) eine Verknüpfung der beiden Bereiche möchte und b) ob diese Nische ausreichend Marktpotential bietet. Sprich, ob es genügend Bedarf an Finanzberatung bei Tänzern/Künstlern etc. gibt, so dass diese Spezialisierung funktionieren kann. Wenn das gegeben ist, hast du völlig Recht und es ergibt sich ein prima USP.