Im August letzten Jahres wurde die neue Dachmarkenstrategie für das Land Schleswig-Holstein präsentiert. Die Reaktionen waren mehr als gespalten und es hagelte Kritik aus verschiedensten Richtungen: aus der Bevölkerung, der Opposition des Landtags, anderen Bundesländern und aus der Werbebranche. Die größten Kontroversen waren die Veränderung des schleswig-holsteinischen „Rot“ zu einem magenta-artigem „Pink“ sowie der neue Claim „Der echte Norden“. Die Diskussion drehte sich meiner Meinung nach dann um unnötige Bedenken wie „Schleswig-Holstein wird zur Telekom“ und „Wenn Schleswig-Holstein der echte Norden ist, wo ist denn dann der unechte Norden?“. Nun geht die Diskussion mit der Vorstellung einer neuen Imagekampagne des Landes in eine neue Runde.
Am 1. Juli 2014 wurde die Tourismusstrategie für Schleswig-Holstein bis 2025 vorgestellt. In diesem Zuge wurde auch ein erster Einblick in die neue Imagekampagne gewährt, die das Land für die nächsten drei Jahre bewerben und die Dachmarke emotional aufladen soll.
Der SHZ hat die Motive vorgestellt und die Leser darüber abstimmen lassen. Das Ergebnis der (nicht repräsentativen) Umfrage fällt ziemlich vernichtend aus und spiegelt in keiner Weise die Begeisterung der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TASH) wieder. Weit über die Hälfte der Befragten „gefällt die Kampagne gar nicht“ oder finden sie ”nicht sehr überzeugend”. Aber wie aussagekräftig ist eine solche Bewertung durch die Leser aus Sicht der Marken- bzw. Kampagnenstrategie?
1. Wer soll durch die neue Imagekampagne erreicht werden?
Gemäß dem Spruch „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler!“ haben die TASH und die ausführende Agentur alles richtig gemacht. Offensichtlich schmeckt dem Angler der Wurm nicht. Für ein repräsentatives Stimmungsbild wäre allerdings eine deutlich umfangreichere Befragung notwendig, insofern ist das Ergebnis mit Vorsicht zu genießen. Ob am Ende der Fisch anbeißt und es zu dem von Wirtschaftsminister Meyer erwarteten Plus von 30% touristischem Bruttoumsatz kommt, lässt sich daraus jedenfalls noch nicht ableiten.
Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, dass die Zielgruppe der Imgekampagne nicht in erster Linie die Schleswig-Holsteiner sind, sondern Touristen aus anderen Ländern. Diese sorgen für touristischen Umsatz. Für diese gilt es, die Stärken und die Besonderheiten des Landes zu identifizieren und ins rechte Licht zu rücken. Damit sind wir schon beim nächsten Punkt:
2. Lädt die Imagekampagne den „echten Norden“ mit positiven Attributen auf?
Zwei zentrale Elemente lassen sich in der Kampagne identifizieren: Die Farbe Pink und der Begriff „Glück“. Das Pink ist konsequenterweise aus dem neuen schleswig-holsteinischen Logo übernommen und schlägt damit die Brücke zur Dachmarke. Allerdings wird es nun deutlich prominenter eingesetzt und wird zur zentralen Farbe der Imagekampagne. Pink als Farbe des Glücks. Aus unerklärlichen Gründen wird allerdings auf den Kampagnenmotiven statt dem kraftvollen Pink ein blasses Rosa eingesetzt. Schade, denn durch die farbliche Abstufung wirkt es eher verwaschen und blass statt leuchtend und echt. Damit büßt es nicht nur visuell an Strahlkraft ein, sondern entfernt sich auch von typisch norddeutschen Attributen wie Klarheit und Echtheit.
Der zentrale Kampagnenbegriff „Glück“ stützt sich auf die Studie des Glücksatlas von 2013, nach dem in Schleswig-Holstein die glücklichsten Menschen wohnen. Als Begriff allein wirkt er zwar noch etwas abstrakt, lässt damit aber auch ausreichend Freiraum für die Umsetzung der Imagekampagne an den unterschiedlichen Einsatzorten. Hier wird es spannend zu beobachten, ob es gelingt, den Begriff mit Leben zu füllen und den Bogen von der oberflächlichen Worthülse zum echten Norden mit seinen Attraktionen und Vorzügen zu schlagen.
3. Warum macht Schleswig-Holstein glücklich?
Der zuletzt genannte Punkt mag auch eine Ursache für das schlechte Abscheiden der Imagekampagne bei den SHZ-Lesern sein: Es fehlt noch ein konkreter Bezug der Kampagne zur Lebenswelt in Schleswig-Holstein. Die bisher veröffentlichten Motive mit ihrer landschaftlichen Weite und Ruhe bleiben noch sehr vage in ihrer Bildsprache. Sie bieten eher eine emotionale Ahnung, mit welcher Tonalität die zukünftige Kampagne ausgestattet sein wird und sind noch nicht als fertige Motive zu verstehen. Zur internen Veranschaulichung einer Kampagnenstrategie ist das ausreichend, für die Präsentation nach außen eher nicht. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Motive auf einige Leser wie ein Fremdkörper wirken. Wie ein Aufkleber, den jemand Fremdes auf das Altbekannte aufgeklebt hat. Aber die Lösung des Problems kann ja auch nicht in der x-ten Auflage eines gelb-blühenden Rapsfeldes liegen…
Was für meine Begriffe fehlt ist – wie es in der Werbesprache so schön heißt – der „Reason why“. Warum ist man in Schleswig-Holstein glücklich? Und warum ist man hier glücklicher als in anderen Ländern? Wodurch wird diese Imagekampagne glaubwürdig? Wie wird aus der bloßen Behauptung das entsprechende Erlebnis? Sich hier auf das Ranking des Glücksatlas zu verlassen, greift jedenfalls zu kurz. Das Land selbst muss Argumente bieten, die für Einwohner und Touristen nachvollziehbar sind und die Glücksthese stützen. Diese Argumente gibt es sicherlich, allerdings sind sie bei den vorgestellten Motiven nicht erkennbar.
Fazit
Auch wenn bis heute nur erste Entwürfe vorgestellt wurden und die Imagekampagne erst noch ausgearbeitet werden muss: Die zentrale Frage „Warum macht Schleswig-Holstein glücklich?“ bleibt offen. Gerade für die Präsentation gegenüber der Öffentlichkeit wäre es sicher hilfreich gewesen, die Kampagnenidee etwas weiter auszuarbeiten und an ein oder zwei Beispielen zu konkretisieren. Vermutlich wäre das Echo deutlich positiver ausgefallen und hätte den Start der Imagekampagne beflügelt.
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